Demenz
Demenz bezeichnet eine Gruppe von pathophysiologischen Erkrankungen, zu denen die Alzheimer-Krankheit als die häufigste Form zählt. Weitere Beispiele für Demenzen sind die vaskuläre Demenz, Lewy-Körper-Demenz, Parkinson, Shy-Drager-Syndrom, die Huntington-Krankheit und die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit. Typische Symptome einer Demenz sind der fortschreitende Verlust kognitiver Funktionen, wie Gedächtnisleistung, soziale Fähigkeiten und emotionale Reaktionen.
Demenz und Schlafstörungen stehen in einer gefährlichen Wechselwirkung zueinander. Während viele Menschen, die mit Demenz leben, regelmäßig unter schlechtem Schlaf leiden, entwickeln Patienten mit bestimmten Schlafstörungen - wie Schlaflosigkeit und Schlafapnoe - eher Demenzerscheinungen.
In diesem Artikel wird ein genauerer Blick auf den Zusammenhang zwischen Demenz und Schlafstörungen geworfen, sowie einige Strategien zur Diagnose verschiedener Erkrankungen und zur Linderung von demenzbezogenen Schlafproblemen erläutert.
Der Zusammenhang zwischen Demenz und Schlafstörungen
Aktuellen Schätzungen zufolge entwickelt jede sechste Frau und jeder zehnte Mann nach dem 55. Lebensjahr demenzbezogene Symptome. Die Alzheimer-Krankheit, welche 60% bis 70% der Demenzkranken betrifft, ist die am häufigsten auftretende Form der Demenz. Bei dieser Erkrankung kommt es zu einem fortschreitenden Verlust kognitiver Funktionen und einer verminderten Produktion des Neurotransmitters Acetylcholin.
Andere häufigere Formen der Demenz sind vaskuläre Demenz, die die Durchblutung des Gehirns beeinflusst und zu Schlaganfällen führen kann, und die Lewy-Körperdemenz, die durch den Aufbau von unregelmäßigen Proteinen im Nervensystem gekennzeichnet ist.
Drei Kategorien von Menschen sind einem erhöhten Demenzrisiko ausgesetzt: ältere Menschen, Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen und Patienten mit leichter kognitiver Beeinträchtigung. Obwohl 40 % der älteren Patienten schlafbezogene Beschwerden haben, sind Schlafstörungen wie Insomnie bei gesunden älteren Menschen selten und werden häufiger als Begleiterscheinung anderer Störungen diagnostiziert.
Neben Schlaflosigkeit treten mit zunehmendem Alter auch andere Schlafstörungen wie Schlafapnoe, REM-Schlafverhaltensstörung (RBD), Restless-Legs-Syndrom (RLS), periodische Gliedmaßen Bewegungen (PLMs) und schlafbezogene Atmungsstörungen (SBAS) auf. RBD und Schlafapnoe sind von besonderem Interesse im Hinblick auf Demenz. RBD ist eng verbunden mit der Lewy-Körperdemenz und kann auch als prognostisches Mittel für Neurodegeneration bei Parkinson dienen. Ebenso hat die obstruktive Schlafapnoe (OSA) mehrere gemeinsame kausale Faktoren mit Alzheimer. OSA wird auch allgemein als Teil des Krankheitsbildes von Alzheimer angesehen.
Durch Interviews und Polysomnogramm-Tests haben Wissenschaftler eine längere Einschlaflatenz, eine erhöhte Schlaffragmentierung und eine Abnahme der Schlafeffizienz und der Gesamtschlafzeit bei Demenzkranken festgestellt. Die häufigsten Symptome einer Schlafstörung bei Patienten mit Demenz sind erhöhte Tagesschläfrigkeit, nächtliche Wanderungen, Verwirrung und Unruhe. Viele vermuten, dass dieses Verhalten mit dem frühen zirkadianen Zyklus der älteren Menschen zusammenhängt.
In den meisten Fällen erleben Patienten mit Demenz in der Nacht immer weniger REM-Schlaf und eine Zunahme nächtlichen Erwachens. Die höhere REM-Latenz bei Demenzkranken ist auf die allgemeine Reduktion der REM-Phase zurückzuführen. Die neuronale Degeneration bei Alzheimer trägt zu den Veränderungen der Schlafphasen bei, indem sie das Vorderhirn und die retikuläre Bildung des Hirnstamms schädigt, zwei Regionen, die helfen, das Schlafverhalten zu regulieren.
Schätzungsweise 30 % bis 50 % der Parkinson-Patienten leiden unter exzessiver Tagesschläfrigkeit; dieser Prozentsatz wächst mit zunehmendem Fortschreiten der Krankheit. Parkinson-Patienten weisen oft auch Schlaflosigkeit auf, die im Laufe der Erkrankung eintritt und bestehen bleibt. Eine aktuelle Studie ergab, dass Schlaflose und Senioren mit Schlafproblemen tendenziell Beta-Amyloid-Plaques in ihrem Gehirn mit einer höheren Rate haben als gesunde Schläfer. Die charakteristischen Plaques wurden sogar im Gehirn von älteren Personen mit Schlaflosigkeit gefunden, bei denen keine Alzheimer- oder andere demenzbezogene Erkrankungen diagnostiziert wurden.
Demenz und Schlafapnoe
Demenzkranke Patienten zeigen oft die Symptome einer Schlafapnoe, wie chronisches Schnarchen und/oder vorübergehenden Atemaussetzer während des Schlafes. Viele Experten glauben, dass Schlafapnoe direkt mit der Induktion einer schweren Demenz korreliert. Obwohl Schlafapnoe keine direkte Ursache der Demenz ist, können die Auswirkungen von anhaltenden hypoxischen Bedingungen die demenzbezogenen Symptome verstärken. Schlafstörungen durch Atembeschwerden sind weit verbreitet; 90 % der Menschen mit mittelschwerer bis schwerer Alzheimer-Krankheit erleben im Schlaf mindestens fünf Atemstillstände pro Stunde.
Schlaflosigkeit als Warnzeichen für Demenzkrankheiten
Eine aktuelle Studie deutet auf einen Zusammenhang zwischen Schlafentzug und erhöhtem Risiko für Alzheimer hin. Der Gehalt an Amyloid-beta-Proteine im Blutkreislauf steigt in den Wachphasen und sinkt im Schlaf. Dieses Protein bildet einige der Hirnablagerungen, die bei Alzheimer-Patienten vorkommen. Schlafstörungen können ein Frühindikator für Demenz sein. Alzheimer-Patienten sehen oft schon früh Veränderungen in ihrem Schlafverhalten; was früher ein 20-minütiges Mittagsschlaf war, erstreckt sich heute auf mehrere Stunden pro Tag.
In einer aktuellen Langzeitstudie hatten ältere Menschen, die sich über Tagesschläfrigkeit, unruhige Nächte und den vermehrten Einsatz von Schlafmitteln beschwerten, eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit, innerhalb von zwei Jahren Alzheimer-Symptome zu entwickeln. Der kanadische Forscher, der diese Analyse leitete, erklärte, dass Schlafprobleme das stärkste Indiz für Alzheimer seien.
Zusätzlich fand eine andere Studie heraus, dass Mäuse, die mit charakteristischen Amyloid-ß-Plaques im Gehirn versehen wurden, eine höhere Rate von Schlafstörungen aufwiesen als die Kontrollgruppe. Als die Plaques aus den Mäusen entfernt wurden, normalisierten sich ihre Schlafzyklen wieder.
Diagnostik von Schlafstörungen bei Demenzkranken
Die genaue Diagnose von Schlafstörungen bei Demenzkranken kann aufgrund einer Fülle von potenziellen Ursachen, mildernden Faktoren und häufigen verstrickten Symptomen recht schwierig sein. Im Wesentlichen fallen alle Schlafstörungen bei Patienten mit Demenz in einen von vier großen Symptomkomplexen:
- Probleme beim Ein- oder Durchschlafen
- Exzessive Tagesschläfrigkeit
- Atembeschwerden im Schlaf (Apnoe) oder übermäßige nächtliche körperliche Aktivität (z.B. Restless Leg Syndrom)
- Nächtliche Halluzinationen und/oder Verhaltensprobleme
Es ist zu beachten, dass Demenzkranke gleichzeitig mehrere Symptome verschiedener Kategorien aufweisen können. Diese Art der gegenseitigen Abhängigkeit kann den Diagnoseprozess zusätzlich erschweren. Darüber hinaus können Schlafstörungen durch andere Faktoren wie Medikamenten-Nebenwirkungen oder Erkrankungen in Langzeitpflegeeinrichtungen auftreten.
Wichtige Fragen
Aufgrund der komplexen Zusammenhänge zwischen verschiedenen Schlafstörungen und zusätzlichen Komplikationen, die durch Demenz entstehen, sind Patientenbefragungen für die Diagnose von Schlafstörungen bei älteren Menschen oder Menschen mit Demenz unerlässlich. Eine Studie stellte fest, dass die folgenden Fragebögen Ärzten helfen können, spezifische Schlafstörungen zu identifizieren und damit verbundene Einschränkungen auszuschließen:
- Zu welchen Zeiten geht der Patient normalerweise nachts ins Bett und wacht morgens auf?
- Hat der Patient in der Regel Schwierigkeiten, nachts einzuschlafen?
- Wie oft wacht der Patient nachts ungefähr auf?
- Wenn der Patient nachts aufwacht, fällt es ihm dann schwer, wieder einzuschlafen?
- Sagt der Bettpartner des Patienten, dass er häufig schnarcht, nach Luft schnappt oder nachts nicht mehr atmet?
- Sagt der Schlafpartner (oder ist der Patient sich dessen bewusst), dass der er im Schlaf getreten oder geschlagen wurde?
- Ist sich der Patient bewusst, dass er im Schlaf jemals gelaufen, gegessen, geschlagen, getreten oder geschrien hat?
- Ist der Patient schläfrig oder müde während des größten Teils des Tages?
- Nimmt der Patient in der Regel ein oder mehrere Nickerchen am Tag?
- Schläft der Patient tagsüber unfreiwillig ein?
- Wie viel Schlaf benötigt der Patient, um sich wach zu fühlen und gut zu funktionieren?
- Nimmt der Patient derzeit Schlafmittel ein oder ergreift er andere Maßnahmen, um seinen Schlaf zu erleichtern?
- Zusätzliche Fragen für Patienten können sich auf Beinunruhe, nächtliches Wasserlassen, tägliche Bewegung und körperliche Aktivität, Lichteinwirkung, Koffeinkonsum und verschriebene Medikamente beziehen.
Behandlung von Schlafstörungen bei Demenzkranken
Effektive Heilmittel sind sowohl bei Demenz als auch bei demenzbezogenen Schlafstörungen sehr selten, aber bestimmte Behandlungsmethoden können viele der anhaltenden Symptome lindern. Medikamente können die kognitive Funktion bei Patienten mit Alzheimer und anderen Demenzen wiederherstellen oder verbessern.
Medikamente, die die Symptome von Schlaflosigkeit und anderen Schlafstörungen bei Demenzkranken lindern, müssen jedoch noch gefunden werden. Eine Metastudie der britischen Cochrane Group stellte fest, dass es "nur sehr wenige Hinweise gibt, um Entscheidungen über Medikamente zur Behandlung von Schlafstörungen bei Menschen mit Alzheimer zu treffen".
Das hohe Vorkommen von schlafstörenden Atembeschwerden bei dementen Patienten ist ein Indiz dafür, dass neuronale Schäden zu den Atemwegsproblemen während des Schlafes beitragen, welche wiederum zu den kognitiven Beeinträchtigungen bei Demenz führen.
SDB wird in der Regel mit CPAP-Geräten (Continuous Positive Airway Pressure) behandelt. Nach Ansicht der meisten Hausärzte ist die allgemeine Faustregel, dass Patienten mit Demenz bis zu fünf Stunden CPAP-Beatmung pro Nacht vertragen können. Es hat sich gezeigt, dass die CPAP-Therapie das Auftreten von SDB-Episoden bei Demenzkranken von 24 auf 10 pro Stunde im Schlaf reduziert.
Die CPAP-Behandlung verringert auch die Tagesschläfrigkeit und es gibt einige Anzeichen dafür, dass CPAP kognitive Beeinträchtigungen bei dementen Patienten verzögert. Institutionelle Pflegekräfte haben selbst berichtet, dass die CPAP-Behandlungen das Schnarchen bei Demenzkranken verringern, ihre Stimmung verbessern und ihre allgemeine Lebensqualität erhöhen.
Ausgehend von der bestätigten Korrelation zwischen zirkadianen Rhythmen, Unruhe und Lichtexposition bei wahnsinnigen Patienten haben einige Ärzte begonnen, therapeutische Strategien mit heller Lichtexposition einzusetzen, um die Schlafmuster zu regulieren. Melatonin und Melatonin-Agonisten haben in den letzten Jahren auch als mögliche Methode zur Linderung von Schlaflosigkeit und anderen Schlafstörungen sowie zur Behandlung von Symptomen der Alzheimer-Krankheit Aufmerksamkeit erregt.
Die meisten Experten empfehlen heute Sicherheitsvorkehrungen für Demenzkranke - insbesondere für diejenigen, bei denen RBD diagnostiziert wurde -, um das Verletzungsrisiko im Schlaf zu verringern. Betreuer oder Familienmitglieder sollten gefährliche Gegenstände aus dem Schlafzimmer entfernen, alle Türen und Fenster verriegeln und sich durch einen Arzt regelmäßig auf Anzeichen von Hirndegenerationen untersuchen lassen.
In Pflegeheimen und anderen institutionalisierten Pflegeeinrichtungen werden Beruhigungsmittel oft an Patienten abgegeben, um den Nachtschlaf zu gewährleisten. Kognitive Funktionen können jedoch durch den anhaltenden Einsatz von Beruhigungsmitteln weiter beeinträchtigt werden, sodass eine übermäßige Abhängigkeit von Medikamenten nach Möglichkeit vermieden werden sollte.
Möglichkeiten zur Verbesserung demenzbezogener Schlafstörungen
Neben Medikamenten und Behandlung gibt es Maßnahmen, die Demenzkranke selbstständig ergreifen können, um die Symptome verschiedener Schlafstörungen wirksam zu mildern. Dazu gehören:
- Ein konsistenter Schlafplan: Um regelmäßige zirkadiane Muster aufrechtzuerhalten, sollten Demenzkranke jeden Tag versuchen, zur gleichen Zeit einzuschlafen und aufzuwachen. Die Anpassung an einen Schlafplan kann anfangs schwierig sein. Daher sollten Wecker genutzt und Zeitpläne streng befolgt werden, damit der Körper sich an den neuen Rhythmus gewöhnt.
- Tageslichttherapie: Natürliches Sonnenlicht kann älteren Menschen helfen, ihren zirkadianen Rhythmus neu auszurichten und die Auswirkungen von Schlafstörungen wie Schlaflosigkeit und CRSDs zu reduzieren. Studien haben gezeigt, dass die Lichttherapie das Schlafverhalten von Menschen mit Alzheimer verbessern kann. Wenn die Patienten keine Zeit im Freien verbringen können, stehen mit hellem Licht ausgestattete Lampen zur Verfügung.
- Eine maßgeschneiderte Ernährung: Während eine nahrhafte, ausgewogene Ernährung für jeden gesunden Menschen unerlässlich ist, können ältere Menschen mit Schlafstörungen ihre Mahlzeiten mit Lebensmitteln ergänzen, die ihnen helfen zu schlafen. Alternativ sollten Menschen mit demenzbezogenen Schlafstörungen übermäßige Mengen an Lebensmitteln, Getränken und Substanzen, die die Schläfrigkeit behindern, vermeiden; dazu gehören Alkohol, Tabak und Koffein.
- Körperliche Aktivität: Während viele ältere Menschen nicht wirklich trainieren können, kann schon leichte körperliche Aktivität zu besserer Schlafqualität führen. Patienten mit demenzbezogenen Schlafstörungen werden ermutigt, tagsüber in moderaten Mengen spazieren zu gehen.
- Ein gesunder Schlafplatz: Die Schaffung und Aufrechterhaltung einer gesunden Schlafumgebung ist entscheidend für die Linderung der Symptome demenzbezogener Schlafstörungen. Dafür ist eine gute Schlafhygiene von entscheidender Bedeutung.